Das hier vorgestellte Konzept basiert auf der klinischen Praxis in der Arbeit mit traumatisierten Soldaten. Es gilt nach meiner Erfahrung aber auch für andere Hochrisikoberufsgruppen. Mein Modell ist ein heuristisches Rahmenmodell um den Fokus auf Faktoren zu richten, die im neuro-psychologischen Stressmodell der Entstehung und Aufrechterhaltung der PTBS aus meiner Sicht zu kurz kommen. So sind die Bilder aus dem Erlebnis bei den meisten Betroffenen oft nicht das größte Problem, sondern innere Konflikte, die aus dem Zusammenwirken verschiedener Faktoren resultieren.
Ein Hauptproblem ist nach meiner Erfahrung, dass real erlebte oder potentielle Todesangst eine existenzielle Grenzerfahrung darstellt die niemals mehr rückgängig zu machen ist. Diese Tatsache steht jedoch in eklatantem Widerspruch zum idealen soldatischen Selbst und dem Wunsch im Einsatz weiter funktionieren wollen und zu müssen. Die Erfahrung der eigenen Belastungsgrenze in Form einer Grenzerfahrung muss daher von den Betroffenen verleugnet oder verdrängt werden, um weiter funktionieren zu können. Das kostet zunehmend mehr Energie und führt schließlich zu einer Dekompensation, manchmal erst Jahre später. Die Soldaten nehmen das Innen als starke Selbstunsicherheit wahr, die kaum reflektiert wird und zudem auch als Verlust jeglicher Zugehörigkeit.
Mit anderen Worten: die Soldaten verlieren „ihren Ort“,
- sowohl in sich, weil sie ihr ideales Selbst nicht aufrechterhalten können und nicht mehr so funktionieren können wie bisher,
- als auch bei ihren Kameraden und Vorgesetzten zuhause, die nicht mit den Problemen der Betroffenen umgehen können,
- genauso wie bei ihren Angehörigen, die selbst belastet sind und die von den Betroffenen nicht auch noch zusätzlich belastet werden sollen
- und in der Gesellschaft, die einsatzgeschädigten Soldaten oft mit Unverständnis oder Ablehnung gegenübertreten.
Kurz gesagt: sie verlieren den Bezug oder besser die Bindung zu sich und ihrer Umwelt. Die finden sie nur bei den Kameraden aus dem Einsatz. Daher wollen auch so viele Soldaten wieder zurück in den Einsatz. Da können sie wieder funktionieren, was das ideale Selbst aufbaut, haben eine Aufgabe und vor allem — fühlen sich zugehörig.
Inhalte der Fortbildung:
1. Tag
Grundlegendes: Soldatendeutsch, Orgastruktur von Einsatztruppen, Dienstgrade und Funktionen, Ausrüstung und Fahrzeuge – unter Einbeziehung eines betroffenen Soldaten, der (im Rahmen seiner Möglichkeiten) von sich berichtet.
Erklärungsmodell zum Verständnis der inneren und äußeren Konflikte als Grundlage zur Therapieplanung
2. Tag
Therapieplanung – Vorstellen von Strategien, wie mit den existenziellen Problemen der Betroffenen konkret umgegangen werden kann durch Videobeispiele von Therapiesitzungen aus meiner Praxis — Abrechnung mit der Bw – Modalitäten, Vorgehen, Anträge.
Zielgruppe: Alle ambulanten / stationären BehandlerInnen, die mit im Einsatz geschädigten Soldaten zu tun haben
Der Kurs wird über Zoom angeboten. Eine Voraussetzung der Teilnahme ist daher, dass ein genügend gutes technisches Equipment vorhanden ist. Bei Unsicherheiten diesbezügliche bitte Rücksprache halten.
Datum: 1. Tag Fr.,18.06.2021 14:00 — 21:00 (8UE)
2. Tag Fr.,25.06.2021 14:00 – 21:00 (8UE)
Kosten: 420.- €
Eine Akkreditierung ist bei der PTK-NRW beantragt.
Literatur: Ulrich Kerzbeck (2021): Traumatherapie mit Einsatzkräften – Anmerkungen eines Praktikers in: Verhaltenstherapie und Psychosoziale Praxis, 53. Jg. (1) 2021, S. 127–140