Infos für Betroffene

Hier fin­den Sie Ant­wor­ten auf Fra­gen rund um das The­ma Trau­ma und Traumatherapie

Was ist ein Trau­ma bzw. ein trau­ma­ti­sches Ereignis?

Ein trau­ma­ti­sches Ereig­nis ist ein nicht all­täg­li­ches Ereig­nis. So ein Ereig­nis ist so außer­ge­wöhn­lich, dass es im ’nor­ma­len’ Lebens­ver­lauf nicht vor­kommt, bzw. nicht vor­kom­men soll­te. Typi­sche trau­ma­ti­sche Ereig­nis­se kön­nen sein: schwe­rer Ver­kehrs­un­fall, Über­fall, Ver­ge­wal­ti­gung, kör­per­li­che oder sexu­el­le Gewalt, Natur­ka­ta­stro­phen (Erd­be­ben, Tsu­na­mi, o.ä.), tech­ni­sche Kata­stro­phen (Zug­un­glück, o.ä.), belas­ten­de Krankenhausaufenthalte/ Ope­ra­tio­nen, oder aber wenn man Zeu­ge eines der o.g. Ereig­nis­se ist.

Was pas­siert bei einem trau­ma­ti­schen Ereig­nis mit einem?

Betrof­fe­ne eines trau­ma­ti­schen Ereig­nis­ses erle­ben Momen­te extre­mer Panik und Angst, meis­tens ver­bun­den mit star­kem kör­per­li­chen Stress. Vie­le Betrof­fe­ne berich­ten davon, dass es wäh­rend der trau­ma­ti­schen Situa­ti­on Momen­te gab in denen sie nicht wuss­ten ob sie es über­le­ben bzw. unbe­scha­det über­ste­hen wür­den. Momen­te extre­mer Hilf­lo­sig­keit und Kon­troll­ver­lust bestim­men daher das Erle­ben wäh­rend eines Trau­mas. Man bleibt also in einer Art Star­re. Oft möch­te der Betrof­fe­ne auch nicht wahr­ha­ben, dass ihm das pas­siert ist und leug­net es so vor sich selbst und vor Ande­ren. Das ist dann eine von vie­len Stra­te­gien, die auto­ma­tisch auf­ge­baut wer­den. Die Aus­wir­kun­gen hän­gen außer­dem vom Alter ab, indem wir trau­ma­ti­siert wur­den. Ein ein­ma­li­ges Ereig­nis hat ande­re Aus­wir­kun­gen, als z.B. jah­re­lan­ger Miss­brauch bei einem Kind.

Was pas­siert im Gehirn wäh­rend eines Traumas?

Gegen­wär­tig wird in der Wis­sen­schaft das was über unse­re fünf Sin­ne (sehen, hören, füh­len, rie­chen, schme­cken) her­ein­kommt als ‘Infor­ma­ti­on’ bezeich­net. Die­se Infor­ma­ti­on wird im Gehirn an ver­schie­de­nen Stel­len wei­ter­ver­ar­bei­tet, d.h. bewer­tet, zu einem ‘Gesamt­bild zusam­men­ge­setzt’ und mit bereits vor­han­de­nen Infor­ma­tio­nen ver­gli­chen. Stel­len Sie sich ein Puz­zle vor bei dem die Ein­zel­tei­le die Infor­ma­tio­nen aus den Sin­nen sind und das im Gehirn nach und nach zusam­men­ge­setzt wird. Ist das so ent­stan­de­ne ‘Gesamt­bild’ für uns emo­tio­nal bedeut­sam wird es im Lang­zeit­ge­dächt­nis abge­spei­chert und kann danach wie­der erin­nert wer­den. Ein Bei­spiel hier­für ist z.B. ein Geschenk, das wir uns schon lan­ge gewünscht haben oder das ers­te Mal Fahr­rad fah­ren ohne Stütz­rä­der. Die Erin­ne­rung dar­an kann uns ein gan­zes Leben beglei­ten. Folgt man die­ser Vor­stel­lung der ’nor­ma­len’ Infor­ma­ti­ons­ver­ar­bei­tung pas­siert wäh­rend eines Trau­mas ver­ein­facht gesagt fol­gen­des: Die Infor­ma­tio­nen die über die fünf Sin­ne und aus dem Kör­per ‘her­ein­kom­men’ wer­den schon sehr früh nicht mehr ‘wei­ter­ver­ar­bei­tet’, son­dern blei­ben an einer Stel­le im ‘Gehirn hän­gen’. Die Infor­ma­ti­ons­ver­ar­bei­tung ist blo­ckiert. Ver­ant­wort­lich hier­für ist wahr­schein­lich ein Zuviel an Stress­hor­mo­nen wie z.B. Kor­ti­sol im Gehirn. Stel­len Sie sich die Puz­zle­tei­le vor, die alle in einen Topf gewor­fen wer­den aber nicht mehr an den nächs­ten ‘Ver­ar­bei­tungs­sta­tio­nen’ wei­ter zusam­men­ge­setzt wer­den kön­nen, weil es eine stress­be­ding­te Blo­cka­de gibt. In der Zeit nach einem Trau­ma ver­sucht das Gehirn dann von sich aus die­se Infor­ma­tio­nen wei­ter zu ver­ar­bei­ten. Das kann tags­über oder auch nachts im Schlaf gesche­hen. Die Betrof­fe­nen erle­ben die­sen ‘Selbst­hei­lungs­ver­such des Gehirns’ dann als plötz­li­ches Hoch­kom­men von Bil­dern, oder ande­ren Sin­nes­ein­drü­cken aus dem Trau­ma, die sich im All­tag auf­drän­gen oder im Schlaf als Alb­träu­me auf­tau­chen. Da die­se Bil­der mit star­ken nega­ti­ven Gefüh­len und oft auch sehr star­kem Stress ver­bun­den sind, ver­su­chen die Betrof­fe­nen dann die­se Bil­der zu ver­drän­gen und Aus­lö­ser an die­se Erin­ne­run­gen zu ver­mei­den. Die­se Reak­tio­nen sind völ­lig nor­mal, schließ­lich wol­len sich die Betrof­fe­nen nicht mehr an den gan­zen Hor­ror und die Panik erin­nern. Aller­dings kön­nen die belas­ten­den Erleb­nis­se dann auch nicht so ‘wei­ter­ver­ar­bei­tet’ wer­den, dass sie als ‘ver­gan­gen’ im Lang­zeit­ge­dächt­nis abge­spei­chert wer­den kön­nen. Und am nächs­ten Tag star­tet dann das Gehirn den nächs­ten Ver­such, die Betrof­fe­nen ver­su­chen wie­der die Bil­der los­zu­wer­den und so kann es dann eine sehr lan­ge Zeit wei­ter­ge­hen, ohne dass das Trau­ma jemals wirk­lich ver­ar­bei­tet wird.

Wel­che Sym­pto­me kön­nen nach einem Trau­ma entstehen?

Die drei häu­figs­ten Sym­pto­me, die auf­tau­chen sind 1. Bil­der (oder ande­re Sin­nes­ein­drü­cke, wie z.B. Gerü­che) aus dem trau­ma­ti­schen Erle­ben, die plötz­lich auf­tau­chen. 2. An die­se Bil­der ist häu­fig sehr star­ker kör­per­li­cher und emo­tio­na­ler Stress gekop­pelt. Jedes Mal, wenn die Bil­der hoch­kom­men, ist der Stress auch wie­der da. 3. Die­se Kopp­lung führt meist dazu, dass Betrof­fe­ne ver­su­chen, die Bil­der und den Stress los­zu­wer­den, also zu ver­mei­den. Ver­mei­dung kann nach innen, in Form von Ver­drän­gung gesche­hen, nach außen in Form von Ver­mei­dung von Orten, Per­so­nen, Situa­tio­nen oder all­ge­mein von allem, was an das Trau­ma erin­nert. Die Haupt­sym­pto­me einer Post­trau­ma­ti­schen Belas­tungs­stö­rung (PTBS) sind dem­nach: Sich auf­drän­gen­de Bil­der, star­ker kör­per­li­cher und gefühls­mä­ßi­ger Stress und Ver­mei­dung. Dau­ern die­se Sym­pto­me unbe­han­delt län­ger als 6 Mona­te an, kön­nen ver­schie­de­ne ande­re psy­chi­sche Stö­run­gen auf­tre­ten. Die häu­figs­ten, zusam­men mit einer PTBS auf­tre­ten­den Pro­ble­me, sind Depres­sio­nen (z.B. Antriebs­lo­sig­keit, Hoff­nungs­lo­sig­keit, erhöh­te Ermüd­bar­keit, schon bei all­täg­li­chen Tätig­kei­ten, stän­di­ges Grü­beln, Schlaf­stö­run­gen, Gefüh­le von Wert­lo­sig­keit…), Ängs­te (z.B. allei­ne raus­ge­hen, nicht mehr im Dun­keln raus­ge­hen, vor vie­len Men­schen in einem Kauf­haus…), Soma­ti­sie­rungs­stö­run­gen (z.B. Schmer­zen, ohne dass es eine kör­per­li­che Ursa­che dafür gibt, Pro­ble­me mit der Haut oder im Magen-Darm-Trakt…), Süch­te (z.B. abends Alko­hol trin­ken um ein­schla­fen zu kön­nen, Beru­hi­gungs­mit­tel neh­men (z.B. Tavor)…) und Dis­so­zia­ti­ve Stö­run­gen (z.B. Seh,- Geh- oder Hör­stö­run­gen ohne neu­ro­lo­gi­schen Befund, das Gefühl so wie neben sich zu ste­hen und sich wie von außen zu beob­ach­ten). Bleibt die PTBS lan­ge unbe­han­delt, kön­nen die­se zusätz­li­chen Pro­ble­me auch chro­nisch wer­den, d.h., man hat dann viel­leicht zwei Pro­ble­me: eine PTBS und eine Suchtstö­rung (wenn z.B. abends immer mehr Alko­hol not­wen­dig ist um ein­schla­fen zu können).

Gehen die­se Sym­pto­me wie­der von allei­ne weg?

Bei ca. 1/3 aller Betrof­fe­nen ver­schwin­den die typi­schen PTBS-Sym­pto­me von allei­ne nach unge­fähr 4 Wochen, bei einem 1/3 dau­ern die Sym­pto­me auch noch nach 4 Wochen unver­min­dert an. Die­se ent­wi­ckeln dann das, was wir eine PTBS nen­nen. Und ca. 1/3 aller Betrof­fe­nen ent­wi­ckelt keine/kaum Sym­pto­me nach einem Trau­ma. Die Wahr­schein­lich­keit an einer PTBS zu erkran­ken ist jedoch auch abhän­gig von der Art, der Dau­er und der erleb­ten Inten­si­tät des Trau­mas. So zei­gen ver­schie­den Stu­di­en, dass nach einer Ver­ge­wal­ti­gung jede/r zwei­te (d.h. ca. 50%) eine PTBS ent­wi­ckeln. Ver­ein­facht kann man sagen, dass je frü­her ein Trau­ma im Leben beginnt, je län­ger die trau­ma­ti­sche Situa­ti­on andau­ert und je schwe­rer ein Trau­ma ist, des­to höher die Wahr­schein­lich­keit eine PTBS oder eine ande­re psy­chi­sche Stö­rung zu ent­wi­ckeln. Ein fort­ge­setz­ter sexu­el­ler Miss­brauch in der Kind­heit durch den Stief­va­ter, mit zusätz­li­cher kör­per­li­cher Gewalt, führt dem­nach eher zu psy­chi­schen Pro­ble­men, als z.B. ein ein­ma­li­ger Über­fall, den man als Erwach­se­ner erlebt.

War­um haben man­che Betrof­fe­ne kaum oder kei­ne Pro­ble­me nach einem Trauma?

Man unter­schei­det in der For­schung Risi­ko­fak­to­ren und Schutz­fak­to­ren. So erhöht z.B. das Erle­ben sexu­el­ler Gewalt das Risi­ko für eine PTBS. Ein sta­bi­les sozia­les Netz­werk, d.h. eine für­sorg­li­che, schüt­zen­de Fami­lie oder unter­stüt­zen­de Freun­de stel­len einen Schutz­fak­tor dar, ver­rin­gert also das Auf­tre­ten einer PTBS. Es gibt inzwi­schen eine gan­ze Rei­he von Risi­ko- und Schutz­fak­to­ren. Bei Men­schen die kaum Sym­pto­me nach einem Trau­ma ent­wi­ckeln kann es also sein, dass die Schutz­fak­to­ren ein so gutes Gegen­ge­wicht dar­stel­len, das die Sym­pto­me von allei­ne wie­der weggehen.

Was unter­schei­det eine Psy­cho­the­ra­pie von einer ‘Trau­ma­the­ra­pie’?

Bei einer einer trau­ma­fo­kus­sier­ten The­ra­pie, so wie ich sie ver­ste­he, steht die Ver­än­de­run­gen der trau­ma­ti­schen Erin­ne­run­gen im Fokus der The­ra­pie. Es soll das ver­än­dert wer­den, was den Kern der PTBS aus­macht. Sie ist also eine kon­fron­ta­ti­ve The­ra­pie. Bei einer nicht trau­ma­zen­trier­ten Psy­cho­the­ra­pie steht die­ses direk­te Beschäf­ti­gen mit den Trau­main­hal­ten häu­fig nicht im Mit­tel­punkt, son­dern es wird an ande­ren The­men gear­bei­tet. Die­se The­men dre­hen sich oft um All­tags­be­wäl­ti­gung, fami­liä­re Pro­ble­me oder beruf­li­che Schwierigkeiten.

Was pas­siert wäh­rend einer Traumatherapie?

Eine Trau­ma­the­ra­pie beinhal­tet ver­schie­de­ne Pha­sen, die nach­ein­an­der durch­lau­fen wer­den. Im Wesent­li­chen sind dies 4 Phasen: 

1. Dia­gos­tik: Liegt eine PTBS vor? Gibt es noch ande­rer trau­ma­ti­sche Ereig­nis­se? Gibt es ande­re psy­chi­sche Stö­run­gen? Wie sieht das beruf­li­che und fami­liä­re Umfeld aus? Gibt es zusätz­li­che Stress­fak­to­ren? Wel­chen lebens­ge­schicht­li­chen Hin­ter­grund gibt es?

2. Sta­bi­li­sie­rung: Hier geht es eini­ge Stun­den lang um das Ein­üben von ein­fa­chen Acht­sam­keits- , Vor­stel­lungs- oder Ent­span­nungs­übun­gen, um im All­tag ein wenig mehr Kon­trol­le über die typi­schen PTBS Sym­pto­me zu bekom­men. ‘Klas­si­sche’ Übun­gen sind z.B. der ’siche­re Ort’ oder die ‘Tre­sor­übung’.

3. Trau­ma­kon­fron­ta­ti­on: Hier geht es dann um die kon­kre­te Bear­bei­tung des Trau­mas. Ich abei­te mit einer Kom­bi­na­ti­on aus ver­schie­de­nen wis­sen­schaft­lich aner­kann­ten trau­ma­ver­ar­bei­ten­den Metho­den. Für jedes ein­zel­ne trau­ma­ti­sche Ereig­nis wer­den ca. 2 Stun­den ein­ge­plant. In einem ers­ten Schritt erzählt eine betrof­fe­ne Per­son im Detail wie das Trau­ma abge­lau­fen ist (das ist die so genann­te nar­ra­ti­ve Expo­si­ti­on). Ich als The­ra­peut schrei­be mir dabei alles mit und fra­ge auch sehr genau nach, um so gut wie mög­lich nach­voll­zie­hen zu kön­nen, was genau gesche­hen ist und was die schlimms­ten Momen­te für Sie als Betroffene/r sind. Die­ses Vor­ge­hen hat sich aus zwei Grün­den bewährt. Zum einen, weiß ich aus Erfah­rung, das Men­schen, die z.B. kör­per­li­che oder sexu­el­le Gewalt erlebt haben im Lau­fe der Zeit ler­nen etwas dar­über zu erzäh­len. Bei die­sen Erzäh­lun­gen wer­den aber oft die wirk­lich belas­ten­den Momen­te weg­ge­las­sen. Aber gera­de an die­sen Momen­ten ‘hängt’ der meis­te Stress. Durch das Aus­spre­chen genau die­ser Momen­te, in einer siche­ren the­ra­peu­ti­schen Situa­ti­on und mit dem Wis­sen, das ich als The­ra­peut nicht nur ver­ste­hen will was pas­siert ist, son­dern das Berich­te­te auch aus­hal­ten kann, erle­ben die Betrof­fe­nen manch­mal zum ers­ten Mal, dass mit Hil­fe viel mehr aus­sprech­bar ist, als bis­her ange­nom­men. Zum ande­ren fra­ge ich sehr genau nach, um die Momen­te mit dem größ­ten Stress, die sgn. ‘Hot spots’, her­aus­zu­ar­bei­ten. Ist der aller­schlimms­te Moment her­aus­ge­ar­bei­tet, geht es mit dem nächs­ten Schritt der Trau­ma­ver­ar­bei­tung, dem EMDR wei­ter. Hier­bei lässt die trau­ma­ti­sier­te Per­son, aus­ge­hend von dem aller­schlimms­ten Moment, das Trau­ma wie einen Film vor dem geis­ti­gen Auge vor­bei­zie­hen und folgt dabei gleich­zei­tig mit den Augen einem Stift, den ich in ca. 30 cm Abstand vor dem Gesicht hin- und her bewe­ge. D. h., der/die Betrof­fe­ne tut zwei Din­ge gleich­zei­tig: Sich erin­nern und mit den Augen dem Stift fol­gen. Nie­mand weiß genau, war­um die­ses Vor­ge­hen hilf­reich ist. Man weiß aber aus vie­len Stu­di­en, das es hilft. Aus den vor­han­de­nen Erklä­rungs­an­sät­zen fin­de ich drei beson­ders hilf­reich: 1. Betrof­fe­ne haben beim Wie­der­in­nern die Wahl mal mehr Innen beim Film oder mal mehr außen beim Stift zu sein. Das bedeu­tet ein Stück Wahl­frei­heit und das ist das Gegen­teil von Hilf­lo­sig­keit und Aus­ge­lie­fert sein. 2. Stu­di­en legen nahe, das, etwas ver­ein­facht gesagt, durch die Augen­be­we­gun­gen eine Ent­span­nungs­re­ak­ti­on aus­ge­löst wird und die kann die Anspan­nung beim Erin­nern abmil­dern. 3. durch den Fokus auf den Stift wird ein Teil der Auf­merk­sam­keit der/des Betrof­fe­nen in der Gegen­wart im Hier-und-Jetzt gehal­ten. Dies kann dabei hel­fen das Betrof­fe­ne die trau­ma­ti­sche Erin­ne­rung neu rah­men bzw. anders bewer­ten kön­nen. Da das Wie­der­erin­nern in einer siche­ren the­ra­peu­ti­schen Situa­ti­on statt­fin­det mit jeman­dem der einem beim Erin­nern beglei­tet, kön­nen Betrof­fe­ne die Erfah­rung machen, das es tat­säch­lich ’nur’ noch eine Erin­ne­rung ist und nicht mehr die ‘Rea­li­tät’. Das wird von vie­len Betrof­fe­nen als sehr ent­las­tend emp­fun­den. Bei Gewalt­op­fern hat es sich bewährt am Ende des EMDR eine kur­ze Visua­li­sie­rungs­übung ein­zu­bau­en, das sgn. ‘ima­gi­na­ti­ve Über­schrei­ben’ (IRRT). So wie ich arbei­te dau­ert die­se Übung nie län­ger als 5 min.. Hier­bei bekom­men Betrof­fe­ne qua­si nach­träg­lich die Mög­lich­keit, die ursprüng­li­che trau­ma­ti­sche Erin­ne­rung ‘zu über­schrei­ben’, d. h. zu einem ‘guten’ Ende zu brin­gen. Dabei fügt der/die Betrof­fe­ne sich selbst, wie er/sie heu­te ist wie bei einem Bild­be­ar­bei­tungs­pro­gramm in die alte trau­ma­ti­sche Situa­ti­on ein, ret­tet ihr jün­ge­res Selbst, bringt es an einen siche­ren Ort und kann dann anschlie­ßend mit dem Täter machen was er/sie will. Gera­de für Gewalt­op­fer wird die­se Übung oft als sehr hilf­reich und ent­las­tend erlebt.

4. Neu­ori­en­tie­rung nach dem Bewäl­ti­gen des Traumas (inklu­si­ve Bear­bei­ten wei­te­rer psy­chi­scher Stö­run­gen wie z.B. Ängs­ten) In die­ser Pha­se der The­ra­pie geht es vor allem dar­um noch vor­han­de­ne ande­re psy­chi­sche Pro­ble­me zu bear­bei­ten und den Über­gang in ein Leben zu gestal­ten, das nicht mehr vor­herr­schend durch das Trau­ma geprägt ist bzw. sein soll. Dazu gehört z.B. auch die Fra­ge wel­ches Selbst­ver­ständ­nis Traum­age­schä­dig­te in Zukunft ent­wi­ckeln wol­len. Wenn ich die Erin­ne­rung an das Trau­ma erfolgl­reich ver­än­dert habe möch­te ich mich dann immer noch als ‘trau­ma­ti­siert’ bezei­chen und wenn nicht, als was dann? Es geht hier­bei vor allem um die Fra­ge wel­ches Kon­zept von Gesund­heit bzw. ‘Nor­ma­li­tät’ Betrof­fe­ne für sich rea­li­sie­ren wol­len. Gera­de bei in der Kind­heit trau­ma­tis­er­ten Men­schen ist ‘trau­ma­tis­ert zu sein’ oft Teil des Selbst­kon­zepts gewor­den. Die Fra­ge ist: Soll das auch in Zukunft so blei­ben und wenn nicht, wel­ches ‘gesün­de­re’ Selbst­kon­zept möch­te ich stattdessen?

Gibt es Mög­lich­kei­ten oder ‘Tricks’ im All­tag bes­ser mit den Sym­pto­men klarzukommen?

Ja und zwar die o.a. Sta­bi­li­sie­rungs­übun­gen. Eine sehr ein­fa­che Acht­sam­keits­übung ist z.B. die sgn. ‘5–4‑3–2‑1-Übung’. Wenn im All­tag trau­ma­ti­sche Erin­ne­run­gen auf­tau­chen kann man von die­sen weg­kom­men, wenn man anfängt die Auf­merk­sam­keit ins Hier-und-Jetzt zu len­ken und 5 Din­ge auf­zu­zäh­len, die man gera­de jetzt sieht, danach 5 Din­ge die man hört, danach 5 Din­ge die man spürt. Hat man eine Run­de Sehen-Hören-Spü­ren been­det, beginnt man wie­der von vorn mit 4 Din­gen die man sieht, dann 4 die man hört und so wei­ter. In der nächs­ten Run­de sind es noch 3 Din­ge, dann noch 2 und zum Schluss noch 1 Ding. Die Übung dau­ert ca. 3 min. und kann die Trauma­erin­ne­rung erfolg­reich unter­bre­chen helfen.